Kritiken

Klaus Nührig: Fantasievolle Spannung

Ein neuer Braunschweig-Krimi
von Wolfgang Bittner

 
Der Afro-Europäer Dr. Moses Ajayi, der als Lehrer arbeitet, führt mit seiner deutschen Frau Marlies eine offene Ehe. Sie ist bildende Künstlerin in einer Ateliergemeinschaft und hat ein Verhältnis mit dem erheblich jüngeren Aktmodell Patrick Schulz, einem ungebildeten Schönling.

Eines Tages bekommt Ajayi eine beleidigende rassistische Mail. Sie enthält das Bild zweier aneinandergeketteter Schwarzer, eines Mannes mit dem Gesicht Ajayis und eines angstvoll blickenden Jungen, in dem er sich ebenfalls wiedererkennt. Es handelt sich um eine Fotomontage, für die ein Jugendfoto Ajayis verwendet wurde, das nur er und seine Frau kannten. Der Absender der Mail, der sich Blackwolf437 nennt, bleibt anonym. Damit beginnt ein merkwürdiges Verwirrspiel.

Als spätabends eine zweite Mail eintrifft, in der die Adresse des Ateliers seiner Frau in einem alten Lagerhaus angegeben ist, fühlt sich Ajayi veranlasst, dorthin zu fahren. Er findet die Türen unverschlossen und trifft den schlafenden Patrick Schulz an, weckt ihn jedoch nicht auf, obwohl er sich brüskiert fühlt und wütend ist.

Am folgenden Vormittag geht Ajayi wie immer in die Schule und hält seinen Unterricht ab. Wieder zu Hause, erscheint bei ihm die Kriminalpolizei. Ihm wird mitgeteilt, dass der Geliebte seiner Frau in der Nacht ermordet wurde, und er wird dazu vernommen, jedoch nicht verhaftet, da die Beweislage nicht eindeutig ist. 

Der Autor, der vor drastischen Schilderungen nicht zurückschreckt, hat von vornherein mehrere Personen in die Handlung einbezogen, die ein Motiv für den Mord haben könnten, darunter eine ehemalige Geliebte des nun in eigener Sache ermittelnden Protagonisten.

Die Handlung, die zunächst verwickelt erscheint, entfaltet sich, die Spannung nimmt rasant zu, und erst am Ende entwirrt sich das mit viel Fantasie gesponnene Netz – wie es sich gehört. Nebenbei vermittelt der Autor Einblicke ins Künstlermilieu einer Provinzstadt und in das Leben eines Schwarzen in Deutschland, was die Geschichte zusätzlich bereichert. 

Klaus Nührig, der in Braunschweig lebt, hat mit diesem Buch seinen dritten im Leda Verlag erschienenen Kriminalroman veröffentlicht, eine vielfältige, hintergründige Geschichte mit Braunschweiger Lokalkolorit, weit mehr als das übliche grassierende Krimi-Fastfood.


Quelle: KulturNetz 2013 - 02

Krimi um Eifersucht und betrogene Liebe

(...)

„Es gibt Bilder, die einen verfolgen“, sagt Klaus Nührig. In seinem Fall: Ein Bild aus dem Herero-Aufstand 1904, als Namibia deutsche Kolonie war. Mit einem Bild, das aus dieser Zeit stammen könnte, beginnt der von der ersten Seite an spannende Krimi: Der Physiker Dr. Moses Ajayi erhält eine E-Mail mit einem Bild zweier Afro-Europäer, eines Mannes und eines Jungen, aneinandergekettet wie Sklaven. Ajayi, Sohn eines nigerianischen Politikers und einer deutschen Mutter, erkennt sich in beiden wieder: Er ist der Mann, er war der kleine Junge. Der Absender: „Blackwolf437“.

Von diesem Punkt an entwickelt sich die Handlung rasant: Als eine zweite Mail eintrifft, fürchtet Ajayi um das Leben seiner Frau - eine Angst, die ihn schließlich zum Schauplatz eines Mordes treibt und die ihn zum Hauptverdächtigen macht.

Autor Klaus Nührig hat die Handlung seines Krimis nach Braunschweig, seinen Wohnort, verlegt: „Es hat viele Bezüge zu Braunschweig und einen hohen Wiedererkennungswert“, sagt er. Etwa die auch im Titel vorkommende Paulikirche, „die schönste Kirche in Braunschweig“, wie der 1958 geborene Autor findet. Drei Jahre lang hat er an seinem neuen Buch gearbeitet, bis es nun in einer 2000 Stück starken Auflage beim Leda Verlag erschienen ist. Darin lässt er Protagonist Ajayi sich auf die Spuren seines Lebens begeben und selbst zum Ermittler werden. „Dabei kommt er seinem schlimmsten Versagen auf die Spur“, verrät der Autor. Immer wieder sieht sich Ajayi Rassismus ausgesetzt - in der Kindheit, der Studienzeit, der mysteriösen E-Mail. Seine Hauptfigur jedoch verdränge diese Erfahrungen - auch, wenn sie sich durch ihr Leben ziehen.

Doch Ajayi kann auch zurückschlagen: „Er ist latent aggressiv - doch das rettet ihn später auch“, sagt der Autor, der seine zwiespältige Hauptfigur für „ein kleines bisschen besser, als den Durchschnitt“ hält - eine Meinung, die seine Frau im Übrigen nicht teile, sagt Nührig mit einem Lachen. Auch seine Lektorin habe die Hauptfigur nach einer besonders schlimmen Streitszene „erschlagen“ wollen.

Großes Thema des Romans ist die Eifersucht. „Sich in der Liebe betrogen und unsicher zu fühlen, ist eine große Erschütterung, eine Urangst des Menschen“, glaubt Nührig, „mit möglicherweise tragischen Folgen.“ Bis zum Ende bleibt offen, wer die mysteriöse E-Mail verschickt und damit die Handlungskette in Gang gesetzt hat. web

(...)

http://www.paz-online.de/Peiner-Land/Lokalnachrichten/Lengede-Vechelde-Wendeburg/Krimi-um-Eifersucht-und-betrogene-Liebe



Mordgeschichte – vorgetragen mit lausbübischem Lachen

(...)

Von Bernd Stobäus  (20.April 2013)

Klaus Nührig hat ein herzerfrischendes Lachen. Fast lausbübisch, wenn er vom Schreiben erzählt und aus seinem Krimi „Das Haus an der Paulikirche“ amüsante Stellen vorliest. Damit schnappt er sich die Zuhörer, und schwupps – sind sie mittendrin in einer hintergründigen Geschichte von Mord und Totschlag.

Am Anfang des Kriminalromans, der in Braunschweig spielt, heißt es: „Ich öffnete das Scheunentor und hatte noch Jahre danach immer wieder Alpträume. An einem Haken aus Stahl hing mein Hund Maxi.“ Von der ersten Minute an fiebern die Gäste in der bis auf den letzten Platz gefüllten Peiner Buchhandlung Gillmeister mit, als der Lehrer vom Vechelder Gymnasium aus seinem Buch vorliest: Darin beginnt alles mit einer mysteriösen Mail, mit der der Deutsch-Nigerianer Moses Ajayi an den Tatort gelockt wird – denn es bleibt nicht bei dem Mord an dem Hund, sondern es folgt der an einem männlichen Aktmodel.

Klaus Nührig sei als Schriftsteller auf vielen Schienen unterwegs, informiert Gastgeber Hubertus Gillmeister bei der Begrüßung: „Er hat Romane, Hörspiele und Lyrik geschrieben, sogar einen pädagogischen Leitfaden für Schulen, hatte einen Lehrauftrag für kreatives Schreiben an der Uni Braunschweig.“

So belässt es Nührig auch nicht beim Vorlesen. „Schreiben ist eine Leidenschaft, ein wichtiger Bestandteil meines Lebens“, so der Braunschweiger: „Man ist aber nicht das, was man schreibt.“ Er habe auch nicht alles erlebt, worüber er berichte. Viel mehr gebe es unvorstellbare Kraft, Charaktere und Handlungen zu erfinden.

Ausführlich antwortet Nührig auf Fragen aus dem Publikum: Er interessiere sich sehr für Menschen, für schwierige Charaktere, und daraus entwickle er die Figuren seiner Geschichten. Gern greife er Gesellschaftsthemen wie die Situation der Afro-Europäer auf – die bearbeite er, denn in denen „kann man Konflikte wunderbar durchleben. Man weint auch mal.“

Nach der Lesung gab es Beifall für den Autor. Einige Gäste nahmen das Buch mit Widmung nach Hause, dessen dunkelgrauer Einband schon weitere dunkle Ereignisse erahnen lässt: wenn in einer Silhouette ein Pärchen zum Kuss ansetzt – über einer Taube mit blutig abgeschlagenem Kopf.

http://www.peiner-nachrichten.de/lokales/Peine/vechelde/mordgeschichte-vorgetragen-mit-lausbuebischem-lachen-id972729.html


Mord macht Moses mürbe

Braunschweig Klaus Nührigs neuer Regionalkrimi ist von gehobener Qualität.

Von Martin Jasper

(...)

Nührig erzählt aus der Perspektive eines dunkelhäutigen Physikers namens Moses. Dessen Leben gerät aus den Fugen, als er sich in eine junge Kollegin verliebt. Als er sie einmal am Telefon eine „Dreckschlampe“ nennt, spricht sich das in der Firma herum, und Moses wird entlassen.

Seine Frau, eine erfolgsarme Künstlerin, betrügt ihn mit einem Unterhosen-Model. Eines Nachts dringt er in ihr Atelier ein, findet den jungen Mann schlafend. Am nächsten Tag ist jener ermordet. Alle halten Moses für den Mörder. Vor allem die beiden Frauen.

Dann wird’s gut. Nührig entfaltet eine psycho-pathologische Tiefenbohrung. Ein fein und katastrophisch gesponnenes Netz aus Frustration und früher (Seelen)-Verletzung, aus latentem Rassismus, Sehnsucht und Abweisung. Wie zwei Menschen, Moses und die junge Frau, aus kindlicher Traumatisierung herausfinden in ein neues Leben, das ist spannend und anrührend.

Anzumerken wäre, dass Nührig lauter mehr oder minder mürrische Typen losschickt, vor allem Moses. Witz, Leichtigkeit, Ironie oder gar schwarzer Humor sind nicht sein Ding. Einiges ist aufgesetzt, etwa der Schocker mit den kopflosen Vögeln. Dieses Motiv gibt es übrigens schon, und sogar besser: in dem Krimi „Der Federmann“ von Max Bentow.

Insgesamt ist „Das Haus an der Paulikirche“ aber zweifellos ein Regionalkrimi der gehobenen Qualität.

Klaus Nührig: „Das Haus an der Paulikirche“. Leda-Verlag, 9,95 Euro.

http://www.braunschweiger-zeitung.de/kultur/buecher/mord-macht-moses-muerbe-id1000654.html, eingesehen am 12.05.2013


(…) Das Haus an der Paulikirche entwickelt sich zunächst wie ein Roman, der aus der Feder eines Sebastian Fitzeck oder eines Arno Strobel sein könnte. Unheimliche Dinge passieren, es gibt viele Überraschungen und scheinbare unerklärliche Wendungen, die nicht zuletzt im undurchsichtigen Verhalten einiger Personen zu finden sind. Wer weiß und wer verheimlicht was? Wer lügt, wer sagt die Wahrheit? Liegen die Ursachen für die aktuellen Geschehnisse in Ajayis Vergangenheit oder handelt es sich um einen weiteren Fall von Rassismus? Ganz schön viel Durcheinander, aber der Erzählstil ist meist packend und treibt voran. (…)

http://www.krimi-couch.de/krimis/klaus-nuehrig-das-haus-an-der-paulikirche.html 

Jörg Kijanski

 

 

http://www.krimi-forum.net/Datenbank/Titel/ft005840.html

(…) Es ist ein Krimi, der unter die Haut geht, und Nührig braucht dazu keine 500 Seiten.
Man muss aufmerksam lesen, denn viele Informationen, die scheinbar beiläufig eingeflochten sind, ergeben am Ende einen tiefen und traurigen Sinn.
Kein Wort zu wenig, und kein Wort zu viel. Nichts, was man mal eben so nebenbei am Strand lesen kann, aber in jedem Fall absolut lesenswert.
Man geht mit Gewinn aus dieser Lektüre heraus, und das unabhängig davon, ob man das Buch in der Hand hält und Seiten umblättert, oder ob man es als E-Book liest.
Das Medium spielt keine Rolle.

Eva May